Mit scharfer Kritik hat der SPD-Vorsitzende den Umgang der politischen Klasse in Europa mit der Weltfinanzkrise kommentiert. Die mehrheitlich konservativ geführten Regierungen seien nicht in der Lage, die Situation in den Griff zu bekommen. Klare Verantwortung dafür trage vor allem auch die schwarz-gelben Koalition: „Die Bundesregierung ist politisch unsolide“.
Die europäischen Aktienmärkte haben ihre Talfahrt am Montag fortgesetzt. Zunehmend erscheinen die Regierungen in Europa hilflos gegenüber der Macht der Finanzmärkte – nach Überzeugung des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel das Versagen der mehrheitlich konservativen Regierungen in Europa. Nun drohe ein massiver Vertrauensverlust der Menschen gegenüber der Politik. Dabei seien „Spielregeln für die Finanzmärkte möglich“, betonte Gabriel am Montag in Berlin nach einer Telefonschaltkonferenz des SPD-Präsidiums.
Kurzfristig müssten die Staats- und Regierungschefs zunächst dringend ihre Kommunikation verbessern, forderte er mit Blick auf die Vielstimmig- und die Uneinigkeit der handelnden Akteure. Die Verabredungen des Gipfeltreffens vor zwei Wochen bezeichnete Gabriel als einen „Schritt in die richtige Richtung“. Zusätzlich sei aber nun ein weltweit konzertiertes Vorgehen notwendig – im Rahmen der G7 oder sogar der G20, um eine Reform des Weltfinanzsystems voranzubringen.
Für Europa fordert der SPD-Chef ein Wachstumsprogramm, finanziert durch die Erträge einer Finanztransaktionssteuer. Es sei nicht erklärbar, warum Finanzprodukte als einziges umsatzsteuerfrei sein sollten. Das Aufkommen einer solchen Steuer könnte nach Berechnungen der SPD rund 100 Milliarden Euro jährlich betragen. Europa müsse sich von einer Krisen-Transfer-Union zu einer Wachstums-Transfer-Union entwickeln, so Gabriel.Um Spekulationen gegen Staaten zu bremsen sei zudem eine gemeinsame Haftung notwendig, sagte der SPD mit Blick auf die wiederholt geforderte Einführung so genannter Euro-Bonds.
Die Bundesregierung ist politisch unsolide
Innenpolitisch bekräftigte er angesichts der Neuverschuldung die Ablehnung der SPD, auf absehbare Zeit Steuersenkungen wie sie die Koalition plant zuzustimmen. Bei einer Abschwächung der Konjunktur drohe dem Staat sonst schnell die Handlungsunfähigkeit, warnte der SPD-Chef. Erst müsse die Neuverschuldung auf Null gebracht, dringende Investitionen in Bildung getätigt und die Finanzlage der Kommunen verbessert werden. Die Bundesregierung bezeichnete er vor diesem Hintergrund als „politisch unsolide“.Eine Bewertung, die er auch im Zusammenhang mit dem Krisenmanagement der europäischen Finanzpolitik trifft: „Europa scheitert an seinen konservativen Regierungen.“