Eröffnungsvortrag „Grundlagen, Aufgaben und Perspektiven einer solidarischen Bürgergesellschaft“ im Rahmen des Fachkongresses „Enabling Community – Gemeinsache Sache machen“ am 18. Mai 2009 in Hamburg:
Dieser Kongress ist ein weiterer und zugleich ermutigender Beleg dafür, dass die Frage nach den Aufgaben und Perspektiven einer solidarischen Bürgergesellschaft noch immer zu den spannenden Themen der gesellschaftspolitischen Debatte zählt. Kräftigen Auftrieb – oder wie man neudeutsch sagt: einen „nachhaltigen“ Impuls – erhielt die Diskussion vor fast genau zehn Jahren mit der erstmaligen Einrichtung einer Enquetekommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ im Deutschen Bundestag.
Diese Enquete-Kommission setzte sich das Ziel (ich zitiere), „einen Beitrag zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements und insgesamt zur Weiterentwicklung der Bürgergesellschaft zu leisten“. Das Parlament legte das Thema am Ende der Legislatur¬periode aber nicht zu den Akten, sondern es blieb dran. Seit 2003 gibt es einen Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“, der an der Umsetzung der Beschlüsse und Empfehlungen der Enquete-Kommission arbeitet.
Dass die Enquete-Kommission und später dann der Unterausschuss auf Betreiben der SPD-Fraktion eingesetzt wurden, war beileibe kein Zufall, im Gegenteil: Für die Sozialdemokratie ist „bürger¬schaftliches Engagement“ ein Wertbegriff, eine demokratische Tugend, eine handlungsleitende Idee – jedenfalls kein Zeitgeist-phänomen, keine Mode. Man stelle sich nur vor: Was wäre aus der SPD geworden – ohne das oft über Jahrzehnte währende ehrenamt¬liche Engagement ihrer Mitglieder und Sympathisanten?
Doch nicht nur demokratische Parteien sind auf freiwilliges Engagement, auf uneigennützige Mitarbeit angewiesen: Das demokratische Gemeinwesen insgesamt bedarf der aktiven Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen, am staatlichen Leben – dieses Engagement ist das Lebenselixier demokratischer Gesellschaften schlechthin.
Natürlich muss das Verhältnis von Staat und Bürgergesellschaft immer wieder neu reflektiert und hinterfragt werden – diese Tagung versteht sich ja als ein solcher Beitrag. Ein hohes Maß an Klarheit ist in dieser Frage hilfreich, um alle Beteiligte, alle Akteure vor gegenseitigen Zumutungen, vor überspannten Ansprüchen und damit auch vor Enttäuschungen zu bewahren.
In Diskussionsveranstaltungen erlebe ich immer wieder, dass der Begriff Bürgergesellschaft auch heute noch sehr unterschiedliche Assoziationen auslöst. Die einen verstehen die „Bürgergesellschaft“ als Gegenspielerin einer vermeintlich aufgeblähten Bürokratie, die sich von den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger entfernt habe. Andere wiederum verstehen „Bürgergesellschaft“ als einen bequemen Weg, sich der staatlichen Verantwortung für soziale Belange und für Aufgaben in den Bereichen Ökologie, Bildung, Kultur zu entledigen. Beide Ansichten beruhen auf dem fatalen Missverständnis, das Verhältnis von staatlichem Engagement und von bürgerschaftlichem Engagement sei ein „Nullsummenspiel“ (Hans Jonas): Je mehr Bürgergesellschaft, desto weniger Staat – und umgekehrt. Abgesehen davon, dass diese Gleichung in der Realität nicht aufgeht: Jedes Aufrechnen staatlichen wie privaten Engagements weckt den irrigen Eindruck, Bürger und Staat seien Konkurrenten, die ihre Kräfte aneinander messen und untereinander aufteilen. Das aber entspricht zumindest nicht meinem Verständnis von Demokratie.
In einer Demokratie sind Staat und Bürger wechselseitig aufein¬ander angewiesen. Eine wache und lebendige Bürgergesellschaft kann und soll staatliches Handeln kontrollieren, korrigieren, anspornen, entlasten und ergänzen. Ersetzen kann sie es nicht. Nur wo der Staat seinen Pflichten nachkommt, kann sich eine vitale Zivilgesellschaft bilden. Und das heißt auch: Ohne eine wache, lebhafte, im besten Sinne selbstbewusste Zivilgesellschaft ist der demokratische Staat gefährdet.
Aus bitterer Erfahrung wissen wir, dass es gerade die undemo¬kratischen Länder sind, in denen sich Zivilgesellschaft nur atomisiert, nur partikular organisieren kann oder organisieren darf. Demokratische Staaten haben aber ein vitales Interesse daran, bürgerschaftliches Engagement zu ermöglichen und zu befördern. Das darf jedoch nicht darauf hinaus laufen, dass sich der Staat vollkommen oder weitgehend aus seiner sozialen (kulturellen, ökologischen) Verantwortung zurückzieht. Die soziale Abfederung der Marktwirtschaft hat schließlich wesentlich zum Erfolg der europäischen Demokratien beigetragen – zur Zustimmung und zum Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger – und sie wäre ohne einen hinreichend starken Staat nicht möglich gewesen.
Dieser Sozialstaat, so reformbedürftig er sein mag, ist eine der großen europäischen Kulturleistungen und unterscheidet unseren Kontinent mehr als alles andere von den anderen Kontinenten. Der Sozialstaat ist die organisierte Solidarität zwischen Starken und Schwache, Jungen und Alten, Kranken und Gesunden, Arbeitnehmern und Erwerbslosen. Das Wesen dieses Sozialstaats wird die Sozialdemokratie auch künftig verteidigen. Es besteht darin, dass er den Schwachen, den Hilfsbedürftigen von einem Objekt gewiss löblicher Hilfsbereitschaft und Caritas zu einem Subjekt von Rechtsansprüchen macht und damit seine Würde wahrt – soweit Politik und Staat das überhaupt tun können. Der Schwache, Hilfsbedürftige ist Subjekt von Rechtsansprüchen, weil er Bürger, weil er Mensch mit gleichen Rechtsansprüchen ist. Sein Bürgerstatus begründet seine sozialstaatlichen Rechtsansprüche.
Eine humane Gesellschaft ist nur möglich, wenn öffentliche Güter ausreichend in großer Vielfalt bereitgestellt werden. Dies schafft und festigt den kulturellen wie sozialen Zusammenhalt, der für eine vitale Demokratie unverzichtbar ist und stützt das Kooperations¬gefüge der Bürgerschaft. Öffentliche Güter erfordern und fördern einen demokratischen Grundkonsens, von dem aus über ihren Erhalt und die Kriterien ihrer Bereitstellung entschieden wird.
Damit nicht an die Stelle der hart erkämpften Balance zwischen Markt, Staat und Gesellschaft eine eindimensionale Marktgesell¬schaft tritt, halte ich es weiterhin für eine der wichtigsten Aufgaben der Politik, die soziale Dimension der Demokratie zu verteidigen. Denn zu den Gesetzen des freien Marktes gehört es nicht, dass auch die Schwachen eine Chance bekommen. Wenig kann sie funktionieren, wenn ihnen der Staat eine „Rundumversorgung“ bietet, die jede Eigen-Initiative erstickt. Auch der Sozialstaat kann und darf nicht alles leisten – oder glauben, dass er das könnte.
Meine Damen und Herren,
moderne Gesellschaften und alte Gewissheiten – sie sind in ständiger Bewegung und Veränderung. Das irritiert und verun¬sichert viele. Manche klagen über absterbendes Engagement und mangelnde Verantwortungsbereitschaft – gerade unter jüngeren Menschen. Als Beleg für den vermeintlichen Zerfallsprozess werden dann reflexartig Hinweise auf den Rückgang der Mitgliederzahlen in Parteien, Kirchen und Gewerkschaften vorgetragen. Aber ist dieser Befund stimmig? Lösen sich die tradierten sozialen Bindungsformen tatsächlich ersatzlos auf?
Der Sozialwissenschaftler Robert Putnam hat in mehreren Studien diesen Veränderungen nachgespürt. Mitte der 90er Jahre untersuchte er beispielsweise (es klingt zunächst harmlos) die Kegel-Gewohnheiten der Amerikaner. Sein Befund – trotz wachsender Zahl der Bowling-Spieler nahm die Zahl der Bowling-Vereine ab – war ein Indiz für den Wandel des „Sozialkapitals“ in der amerikanischen Gesellschaft, der auch uns erreicht hat: Sport und Körperkultur sind populär. Aber nicht Sportvereine profitieren davon, sondern „Fitness“- und „Wellness“-Betriebe in entwickelten westlichen Ländern. Ihr Titel: „Gemeinsinn und Gesellschaft. Sozialkapital im internationalen Vergleich“. Was war das Ergebnis?
Das heißt:
Das Ergebnis offenbart eine Tendenz der „Privatisierung des Sozialkapitals“, der Herausbildung „unziviler Gemeinschaften“. Die stabile Bereitschaft zu sozialem wie politischem Engagement führt also nicht automatisch zur Erneuerung zivilgesellschaftlicher Institutionen, sondern zur Milieuverfestigung. Gesellschaftlicher Zusammenhalt wächst folglich nicht zwangsläufig in dem Maße, wie Ehrenamtlichkeit zunimmt. Klar wird einmal mehr: Wer glaubt, die „Zivilgesellschaft“, die Bürgergesellschaft würde automatisch jene Aufgaben erfüllen können, die bisher dem Sozialstaat und seinen Integrationsinstrumenten zufielen, könnte böse Überraschungen erleben.
Meine Damen und Herren!
Es wäre eine unerträgliche Ironie der Geschichte, wenn nach der friedlichen Revolution in Ostdeutschland und nach zwei Jahrzehnten deutscher Einheit immer mehr Menschen ihr Vertrauen in die Demokratie und ihre Bereitschaft zu politischer Mitgestaltung verlören. Der Versuch, das Verhältnis zwischen staatlichem Engagement, wirtschaftlichem Engagement und bürgerschaftlichem Engagement neu auszutarieren, muss sich deshalb an dem Ziel messen lassen, die Demokratie zu verankern, zu stärken und (im Sinne Willy Brandts) „mehr Demokratie zu wagen“.
Angesichts rückläufiger Wahl- und Abstimmungsbeteiligung (z.B. bei Volksentscheiden) muss gefragt werden: Hat die Demokratie als Erziehungsinstanz, als Richtschnur für das Handeln im Alltag nicht die notwendige Kraft entfaltet? An verbindlichen und verbindenden Werten mangelt es unserer Gesellschaft ja keineswegs: Unsere Demokratie ist auch ein ethischer Konsens. Sie fußt auf den Grundwerten und Grundrechten, die in Deutschland erst nach den Verbrechen der Nationalsozialisten wirklich verankert wurden und die heute das Fundament der Europäischen Union bilden. Wir müssen den jungen Menschen zur Einsicht verhelfen, dass die demokratischen Institutionen Menschenwürde und Freiheit sichern und warum ohne Toleranz und gewaltfreie Konfliktlösung, ohne Solidarität und Verantwortungsbereitschaft demokratisches Zusammenleben – und damit individuelle Freiheit – nicht gelingen kann.
Diese Erklärungs- und Vermittlungsversuche sind notwendig und keineswegs erfolglos, wenn auch noch ausbaufähig. Wer jedoch im Stil konservativer Verfallsrhetorik pauschal allen jungen Menschen Orientierungslosigkeit unterstellt, verkennt das Engagement vieler junger Bürgerinnen und Bürger für Freiheit, Menschenrechte und andere demokratische Grundwerte.
Gerade mit Blick auf die kommenden Generationen, die die Demokratie einmal tragen und gestalten müssen, ist es wichtig, bürgerschaftliches Engagement zugleich vorzuleben und zu fördern: Vorbildhaftes Verhalten kann die Lust auf Demokratie, auf Engagement befördern. Und dass es diese Lust massenhaft gibt, belegen die ermutigenden Nachrichten, die erfreulichen Zahlen, die wir ja auch haben.
Allein in Deutschland sind es immerhin 23 Millionen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, die Zeit und Mühe einsetzen, ohne dabei an Geld, an Vorteile zu denken. Das sind 36 Prozent der Bevölkerung, mithin ca. zwei Prozent mehr als noch vor zehn Jahren! Und unter den freiwillig Aktiven sind beeindruckend viele junge Menschen.
Das freiwillige Engagement hat viele Gesichter: Da gibt es das klassische Ehrenamt in Vereinen, die Mitarbeit in Selbsthilfe- und Wohlfahrtsgruppen, die Arbeit in politischen Parteien. Da gibt es die Einsätze im Rahmen der Jugendfreiwilligendienste und die Arbeit in einer generationenübergreifenden Freiwilligenagentur im Wohngebiet. Nicht weniger wichtig ist das Stiften und Spenden von Geld.
Die Bereiche und Tätigkeitsfelder, in denen sich bürgerschaftliches Engagement entfaltet, sind sehr unterschiedlich, auch von der Gewichtung her. Der größte ehrenamtliche Bereich ist der Sport mit 11 %. Es folgen Schule und Kindergarten mit 7 %; Kirche und Religion mit 6 %; Freizeit und Geselligkeit, Kultur und Musik sowie der Soziale Bereich mit jeweils 5,5 %.
Erwähnung verdienen natürlich auch die freiwilligen Helfer bei Feuerwehr, Rettungsdiensten und THW mit ca. 3 %. Die Bereiche gewerkschaftliche Interessenvertretung, Politik, Umwelt- und Tierschutz, Jugendarbeit und Bildung sowie das lokale Bürger¬engagement erreichen je 2–2,5 %. Zu den kleineren Engagement-feldern gehören der Gesundheitsbereich sowie der Justiz- und Kriminalitätsbereich.
Wer sich freiwillig engagiert, stärkt eine Gesellschaft, die auf Vertrauen und Solidarität, Eigeninitiative und Verantwortung setzen kann. In der Bürgergesellschaft übernehmen Menschen aus eigenem Antrieb Verantwortung für andere, wirken im Sinne des Gemeinwohls. Sie bemerken sehr viel früher als Behörden, sehr viel früher als die von Amts wegen Zuständigen, wo Abhilfe oder wo Unterstützung notwendig ist. Sie stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die Enquetekommission des Bundestages hatte in ihrem Bericht darauf verwiesen, dass die Bürgergesellschaft eines unterstützenden Staates bedarf, der bürgerschaftliches Engagement nicht durch unnötige bürokratische Auflagen reglementiert und hemmt, sondern schützt, ermöglicht, befördert. Und ich kann Ihnen versichern, dass der Mentalitätswechsel in der Politik lange vollzogen ist – im Parlament ebenso wie in der Regierung.
Die Förderung des ehrenamtlichen Engagements zählt heute zu den Leitlinien des Handelns der Bundesregierung. In ihrem Koalitionsvertrag einigten sich SPD und CDU/CSU darauf, seine rechtlichen Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern, eine fördernde Infrastruktur zu schaffen und eine Kultur der Anerkennung zu fördern. Denn wer für andere da ist, darf nicht allein gelassen werden. Der große Einsatz, die vielen Stunden, die Kreativität, die menschliche Wärme und Leidenschaft des ehrenamtlichen Engagements sind unbezahlbar.
Das Parlament hat in der jetzt zu Ende gehenden Legislatur (wie schon in seiner 14. und 15. Wahlperiode) erhebliche Anstrengungen unternommen und eine Reihe von Verbesserungen auf den Weg gebracht, so beispielsweise mit der Gesetzesinitiative „Hilfe für Helfer“. Wir haben das Gemeinnützigkeitsrecht vereinfacht, Wildwüchse beseitigt und den steuerrechtlichen Rahmen bürger¬schaftlich Engagierter ausgestaltet.
Das Programm umfasst ein Fördervolumen von ca. 500 Millionen Euro. Im Einzelnen wurde:
Die genannte Beispiele belegen einmal mehr: Der vorsorgende Sozialstaat fördert und ermöglicht bürgerschaftliche Verantwortung, nicht als Ersatz für Dienstleistungen, sondern als notwendiges Gegengewicht.
Doch eines will ich auch ganz deutlich sagen: Nicht nur der Staat ist gefordert, sich für zivilgesellschaftliches Engagement zu öffnen! Auch die Unternehmen könnten und müssten sich hier sehr viel stärker einbringen, etwa indem sie Mitarbeiter für gemeinnützige Aufgaben freistellen.
Meine Damen und Herren,
die solidarische Bürgergesellschaft hat ihren Ort vor allem in den Kommunen, hier wird sie gelebt. Die Kommunen sind für die Daseinsvorsorge verantwortlich und prägen den Alltag der Menschen. In den Kommunen entscheidet sich, ob alle Kinder frühkindliche Förderung bekommen, ob Menschen unterschied¬licher Kulturen miteinander oder nebeneinanderher leben, ob Jugendliche ihre Freizeit sinnvoll gestalten, ob ältere Menschen integriert bleiben, ob sich die Menschen im öffentlichen Raum sicher fühlen. Und weil das so ist, müssen wir die kommunale Selbstverwaltung stärken, ihre Organisationsfreiheiten vergrößern, ihren finanziellen Handlungsspielraum erweitern.
Wenn die Bürger mehr Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen, müssen sie auch intensiver als bisher mitbestimmen können. Die Bereitschaft zu mehr Engagement ist an das Vorhandensein echter Partizipations- und Mitgestaltungsmöglichkeiten geknüpft. Wir brauchen also eine umfassende Beteiligungskultur in den Kommunen, die der Planung und der Konzeption wichtiger kommunaler Entscheidungen einen partizipativen Rahmen gibt.
Natürlich kann eine solidarische Bürgergesellschaft nur dann eine echte Bürgergesellschaft sein, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen sich darin wiederfinden (können). Das sage ich insbesondere mit Blick auf die Migrantinnen und Migranten in unserer Gesellschaft. Über Bürgerengagement – etwa im Zusammenwirken von Deutschen und Zuwanderern im interkulturellen Bereich – kann der Weg, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, geebnet werden, ohne die eigene Identität zu verlieren. Und ganz nebenbei können wir viel voneinander lernen. Unerlässlich ist aber, dass die klassischen Einrichtungen ehrenamtlichen Engagements (wie Feuerwehr, THW) und andere „deutsche“ Vereine sich sehr viel mehr interkulturell öffnen und ein Miteinander auf Augenhöhe ermöglichen!
Größere Beachtung verdient auch die Zusammenarbeit mit den Migrantenorganisationen. Hier gibt es schließlich eine bunte und sehr aktive Vereinslandschaft. Und es gibt viel guten Willen, Sport- und Bildungsprojekte, Kulturaustausch, religiösen Dialog voranzu¬bringen. Wo Einwanderer und Deutsche sich in gemeinsamer freiwilliger Arbeit treffen, entstehen neue soziale Beziehungen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Nachhilfeunterricht, den viele Freiwilligenagenturen für Kinder aus Einwandererfamilien anbieten. Da entstehen neue Kontakte und da wachsen dann im Laufe der Zeit auch die Verbundenheit und das Vertrauen.
Meine Damen und Herren,
das Menschenbild, das sich im bürgerschaftlichen Engagement, in der freiwilligen Arbeit mit anderen und für andere zeigt, widerspricht jenem eindimensionalen Menschenbild, das nur auf Gewinnmaximierung, auf individuelle Bereicherung ausgerichtet ist. Das verächtliche Prinzip „Geiz ist geil, nur der eigene Vorteil zählt“, führt in die Krise, treibt die Gesellschaft auseinander, macht sie ärmer und kälter und hässlicher.
Bürgerschaftliches Engagement ist das Gegenstück zu rein egoistisch motiviertem Denken und Handeln. Freiwilligenarbeit ist ein Gewinn für die ganze Gesellschaft, ein Zugewinn an Menschlichkeit und Solidarität. Unsere Gesellschaft muss dem gemeinwohlorientierten Engage¬ment mehr Raum geben, es unterstützen und fördern. Dieser Kongress trägt ganz sicher dazu bei – und darum bin ich gerne hierher gekommen, um Sie zu ermuntern und Sie in Ihrem Tun zu bestärken!
Ich wünsche Ihrem Erfahrungsaustausch, Ihren Beratungen in den kommenden drei Tagen viel Erfolg und öffentliche Aufmerksamkeit und danke Ihnen sehr herzlich fürs Zuhören!